Urteilssammlung zur Kaufpreisaufteilung

Inhaltsverzeichnis:

Die Kaufpreisaufteilung entscheidet, wie hoch Ihre jährliche Immobilienabschreibung und Einkommenssteuer ausfällt. Sie hat daher erheblichen Einfluss auf Ihre Steuerlast – und bieten Ihnen Optimierungsspielraum. Kein Wunder, dass sich Eigentümer und Finanzämter regelmäßig über die Aufteilung des Bodenwerts und des Gebäudewerts streiten. Schließlich haben beide Seiten grundlegend verschiedene Interessen.

Folgend haben wir die wichtigsten Beschlüsse und Urteile deutscher Gerichte zusammengefasst, die die ständige Rechtsprechung zur Kaufpreisaufteilung prägen. Wer sich mit der Materie befasst, wird schnell feststellen, dass die Richter häufig zugunsten der Immobilieneigentümer entscheiden.

Einer zu starken Einengung durch die Finanzbehörden, insbesondere was das Ermittlungsverfahren zur Kaufpreisaufteilung betrifft, schieben die Richter einen Riegel vor. Zudem stärken sie die vertragliche Kaufpreisaufteilung, an die sich die Finanzämter in aller Regel halten müssen.

Im Zweifel gilt auch und gerade vor Gericht: Das Expertengutachten, angefertigt von einem öffentlich bestellten und vereidigten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen, ist die verlässlichste Form, um eine objektive und marktgerechte Kaufpreisaufteilung vorzunehmen. Denn nur das Gutachten berücksichtigt die individuellen Faktoren einer Immobilie.

Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag einer Immobilie ist i. d. R. bindend – Bodenrichtwert ist lediglich Schätzungsgrundlage

Der Sachverhalt

Der Kläger erwarb zwei Eigentumswohnungen im gleichen Geschoss desselben Hauses. Laut dem notariell beurkundeten Kaufvertrag entfiel auf jede Wohnungseinheit als Gebäudebestandteil ein Wert von 300.000 DM. Für den Grund und Boden wurde ein anteiliger Wert von 198.000 DM festgeschrieben. Dies entspricht einer Kaufpreisaufteilung von 60,24 Prozent auf das Gebäude und 39,76 Prozent auf das Grundstück. Besitz, Nutzen und Lasten gingen mit Kaufpreiszahlung per 1. Juli 2001 über.

Der Kläger erklärte gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung einer Absetzung für Abnutzung (AfA) auf den Anschaffungswert des Gebäudes von 627.831,65 DM (60,24 % von Gesamtanschaffungskosten über 1.042.387 DM).

Das Finanzamt als Beklagte setzte die Einkommenssteuer davon abweisend unter Zugrundelegung eines Gebäudewertes von 35 Prozent fest. Aufgrund des Einspruchs des Klägers ließ das Finanzamt eine Kaufpreisaufteilung im qualifizierten Sachwertverfahren durch einen Bausachverständigen durchführen. Der Sachverständige legte für die beiden Wohnungen einen Gebäudewertanteil in Höhe von 24 bzw. 23 Prozent fest. Das Finanzamt setzte die Einkommenssteuer 2001 und 2002 entsprechend erhöht fest.

Mit der Klage wollten die Kläger geltend machen, dass die im Kaufvertrag ausdrücklich geregelte Aufteilung zu Grunde zu legen sei. Vor allem, weil die Richtigkeit durch die gutachterliche Stellungnahme des Diplom-Ingenieurs belegt sei, woraus hervorgehe, dass angesichts der allgemeinen Marktlage, der Nachbarschaftsbebauung sowie weiterer wertbeeinflussender Merkmale des Grundstücks ein Abschlag vom Bodenrichtwert per 1. Januar 2002 in Höhe von 15 Prozent gerechtfertigt und angemessen sei.

Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Februar 2014 (Az.: 5 K 5012/12)

Das Finanzgericht stellte klar, dass sich der Maßstab für die Wertaufteilung von Grund und Boden sowie Gebäude grundsätzlich nach der Kaufpreisaufteilung der Vertragsparteien richte. Nur wenn Voraussetzungen vorliegen würden, die auf ein Scheingeschäft oder einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten würden oder generell „nennenswerte Zweifel“ an der Kaufpreisaufteilung bestünden, könne von diesem Grundsatz abgewichen werden.

Dabei präzisiert das Gericht, dass „nennenswerte Bedenken“ einfallbezogene Bedenken seinen, die der Anlage allgemeiner Maßstäbe notwendigerweise entgegenstünden. Es stellt klar, dass eine Einigung zwischen zwei Vertragsparteien grundsätzlich zu berücksichtigen sei, wenn es sich um eine „von wechselseitigen Interessen getragene Vereinbarung“ handele. In dem vorliegenden Fall ist deshalb die vertraglich vereinbarte Kaufpreisaufteilung zugrunde zu legen. Es liegen weder Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft noch für einen Gestaltungsmissbrauch vor. Insofern ist eine Schätzung durch das Finanzamt ungerechtfertigt.

Das Gericht macht deutlich: Zweifel können nicht allein deshalb bejaht werden, weil der bei der vertraglichen Kaufpreisaufteilung festgeschriebene Bodenwertanteil kleiner ist als der amtliche Bodenrichtwert. Denn: Auch der Bodenrichtwert ist lediglich eine Schätzungsgrundlage. Stattdessen müsse geprüft und berücksichtigt werden, ob im Einzelfall wertbeeinflussende Faktoren bestehen.

Weil dabei auch die individuelle Interessenslage des Käufers zu berücksichtigen ist, sind die Wertvorstellungen der Vertragsparteien – insbesondere des Immobilienkäufers – bei der Preisbildung des Bodenanteils zu berücksichtigen.

Verhärtend kommt hinzu, dass der Kaufvertrag im vorliegenden Fall unter fremden Dritten geschlossen wurde. Es ist also davon auszugehen, dass die wechselseitigen Interessen auch der Kaufpreisaufteilung zugrunde liegen.

Im konkreten Fall hatte sich ohnehin eine sinkende Bodenwerttendenz abgezeichnet, was daran zu erkennen ist, dass der Bodenrichtwert von 2.200 DM pro Quadratmeter am 1. Januar 1999 auf nur noch 750 Euro pro Quadratmeter am 1. Januar 2006 gesunken ist. Das Gericht erachtet es als nachvollziehbar, dass dieser sich seit Jahren abzeichnende Trend bei den Vertragsverhandlungen berücksichtigt wurde.

Revision des Verfahrens

Das Finanzamt hat gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg Revision eingelegt. Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und teilt die Auffassung des Finanzamts. Gegen die vertragliche Kaufpreisaufteilung würden nennenswerte Zweifel sprechen, wenn dieser vom objektiven Verhältnis der Verkehrswerte der einzelnen Wirtschaftsgüter in nicht unwesentlichem Umfang abweiche. Die Aufteilung sei unter Heranziehung eines einzelfallgerechten Maßstabs vorzunehmen.

Finanzamt und Ministerium sind der Auffassung, dass der vermutete Interessensgegensatz bei einer Immobilientransaktion dieser Art hinsichtlich der im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung nicht bestehe. Im Gegenteil: Häufig sei nicht auszuschließen, dass die Aufteilung nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspräche und mit dem Ziel der einseitigen Steueroptimierung erfolge.

Wenn die sich aus dem vertraglich vereinbarten Verteilungsmaßstab ergebenden Werte um zehn Prozent von den sich aus einem objektive bestimmten Aufteilungsmaßstab ergebenden Werten abweichen, seien nennenswerte Zweifel an der Kaufpreisaufteilung begründet. Im Streitfall weiche der vertraglich vereinbarte Aufteilungsmaßstab wesentlich von dem Aufteilungsmaßstab ab, den der Bausachverständige der Finanzverwaltung unter Anwendung des Sachwertverfahrens ermittelt habe.

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. September 2015 (Az.: IX R 12/14)

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Revision begründet ist und hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Es wurde zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückgewiesen.

Wurde die entsprechende Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zu Grunde zu legen. Wenngleich dem Käufer in Hinblick auf seine AfA-Berechtigung typischerweise an einem höheren Anschaffungswert des Gebäudes gelegen ist und die entsprechende Aufteilungsvereinbarung – zu Gunsten des Verkäufers – ggf. Einfluss auf eine für ihn positive sonstige Vertragsgestaltung haben kann, rechtfertigt dies grundsätzlich noch keine abweichende Verteilung (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 6 Rz 118).

Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs vorliegen.

Auch mit einer nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung zu Grunde zu legenden Vereinbarung können die Parteien jedoch angesichts der gebotenen Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht die Höhe der Steuer des Käufers – konkret seiner AfA – gestalten. Deshalb hat das Finanzgericht im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen.

Das Finanzgericht darf sich nicht darauf beschränken, die vertragliche Aufteilung steuerrechtlich nachzuvollziehen, sondern hat das Ergebnis durch weitere Umstände, insbesondere der objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte zu verifizieren.

Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertigt es aber nicht ohne weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich lediglich um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt. Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden. Das Gericht hat die Gesamtumstände des Kaufobjekts aufzuklären und dahingehend zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen.

Das Finanzgericht hat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung einen gewissen Bewertungsspielraum. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze der finanzgerichtlichen Sachverhaltsfeststellung und Sachverhaltswürdigung. Dabei kommt eine Bindung an etwaige Schätzungen des Finanzamts nicht in Betracht.

Kann nach diesen Grundsätzen eine vereinbarte Kaufpreisaufteilung nicht der Besteuerung zu Grunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht entsprechend seiner Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen. Dabei hat das Finanzgericht die, nach welchem Wertermittlungsverfahren die Kaufpreisaufteilung vorzunehmen ist, anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht im Streitfall keine hinreichende Würdigung der konkreten Wertverhältnisse der Kaufobjekte vorgenommen.

Leitsatz des Bundesfinanzhofs „Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist der Berechnung der AfA auf das Gebäude zu Grunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint .“

Auswahl weiterer Entscheidungen in der ständigen Rechtsprechung, die die Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag für bindend erklären: BFH-Urteil vom 1. April 2009 IX R 35/08, BFHE 224, 533, BStBl II 2009, 663; BFH-Urteil vom 18. Januar 2006 IX R 34/05, BFH/NV 2006, 1634; BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 149/08, BFH/NV 2009, 365; BFH-Beschluss vom 24. Januar 2007 IX B 84/06, BFH/NV 2007, 1104).

Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren können gleichwertig bei der Kaufpreisaufteilungen angewendet werden

Der Bundesfinanzhof hat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits diverse Male darauf hingewiesen, dass die Ermittlungsmethode zur Kaufpreisaufteilung nicht auf ein Wertermittlungsverfahren beschränkt werden darf. Ob bei der Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer Immobilie der Bodenwert und Gebäudewert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens, des Ertragswertverfahrens oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Die Wahl der Ermittlungsmethode ist zu begründen.

Vergleiche unter anderem Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 23. Juni 2005 (Az.: IX B 117/04), 15. November 2016 (Az.: IX B 98/16) und 27. November 2017 (Az.: IX B 144/16).

Zusammengefasst ·       Das Finanzamt darf die Kaufpreisaufteilung nicht auf eine Wertermittlungsmethode verengen. Stattdessen ist eine dem Einzelfall angemessene Methode zu wählen, was Immobilieneigentümern durchaus die Möglichkeit bietet, sich einen größeren Steuervorteil zu verschaffen.·       Die gewählte Methode muss in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geregelt sein und begründet werden. Sachverständige wenden ebenfalls die in der ImmoWertV definierten Ermittlungsmethoden an.

Kein Vorrang bestimmter Wertermittlungsmethoden bei der Kaufpreisaufteilung

Die freie Wahl der gleichwertigen Ermittlungsmethoden zur Kaufpreisaufteilung wird auch mit einem recht neuen Urteil des Bundesfinanzhofs bekräftigt. Am 20. September 2022 urteilte der BFH in einem Revisionsverfahren, dass für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) herangezogen werden kann. Welches der dort definierten Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, hängt von den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls ab (Az.: IX R 12/21).

Sicher ist: Die Wahl der Ermittlungsmethode entzieht sich einer Verallgemeinerung; ein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten besteht daher nicht.

Vertragliche Kaufpreisaufteilung darf nicht durch eine Aufteilung mit der Arbeitshilfe des BMF ersetzt werden

Der Sachverhalt

Eine Grundstücksgemeinschaft erwarb in einer großen deutschen Stadt eine sehr kleine Wohnung (unter 40 Quadratmeter) in einem Gebäude auf einem großen Grundstück. Im notariellen Kaufvertrag war geregelt, dass 18,18 Prozent des Kaufpreises auf den anteiligen Wert des Grundstücks entfallen. Diesen Anteil legte die Klägerin bei ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr zugrunde. Jedoch erkannte das Finanzamt die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht an und ermittelte stattdessen einen Gebäudeanteil von ca. 30 Prozent.

Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.08.2019 (Az.: 3 K 3137/19)

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat die Klage gegen die Kaufpreisaufteilung unter Anwendung der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die im Kaufvertrag festgehaltene Aufteilung der Anschaffungskosten nicht die realen Wertverhältnisse widerspiegelt. Das Gericht folgte daher der Einschätzung des zuständigen Finanzamtes, das die Arbeitshilfe zur Wertermittlung für geeignet hielt.

Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 21.01.2020 (Az.: IX R 26/19)

Die Klägerin legte gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg Revision ein. Die Revision gab dem obersten Finanzgericht der Bundesrepublik Deutschland die Gelegenheit, sich grundsätzlich damit zu beschäftigen, ob die Arbeitshilfe der Finanzbehörden ein geeignetes Mittel ist, um die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berechnen. Dafür hat der Bundesfinanzhof das Bundesministerium der Finanzen dazu aufgefordert, dem Verfahren beizutreten.

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21.07.2020 (Az.: IX R 26/19)

Der Bundesfinanzhof urteilte, dass eine vertraglich vorliegende Kaufpreisaufteilung, die offensichtlich nicht den realen Wertverhältnissen entspricht, nicht einfach durch die Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums ersetzt werden darf. Begründet hat das Gericht seine Entscheidung damit, dass die Arbeitshilfe eine marktgerechte Kaufpreisaufteilung nicht gewährleisten kann. Stattdessen muss im Streitfall ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen eingeholt werden, die die fachliche Bewertung von Grundstück und Gebäude übernimmt.

Der Bundesfinanzhof hat damit das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. August 2019 aufgehoben und den Sachverhalt zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dasselbe Gericht zurückgewiesen.

Zusammengefasst ·       Das Finanzamt darf eine im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung auch dann nicht einfach durch das Ergebnis der Arbeitshilfe des Ministeriums ersetzen, wenn diese unplausibel erscheint. Stattdessen muss im Zweifelsfall ein Gutachten eingeholt werden.·       Der Bundesfinanzhof hat deutlich gemacht, dass die in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) definierten Bewertungsverfahren gleichwertig sind. Für die Kaufpreisaufteilung können somit wahlweise das Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren genutzt werden. Auch die Anwendung des „umgekehrten Ertragswertverfahrens“ ist möglich.

Kaufpreisaufteilung bei bebauten Erbbaurechten

Der Sachverhalt

Die Kläger erwarben durch notariell beurkundeten Vertrag ein bestehendes Erbbaurecht an dem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück. In ihrer Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1982 beantragten die Kläger erhöhte Absetzungen nach § 7b EstG und § 15 BerlinFG von dem insgesamt aufgewendeten Betrag. Das Finanzamt ermittelte nach Maßgabe der WertR 1976 für das Gebäude und für den Bodenwertanteil des Erbbaurechts einen Verkehrswert. Entsprechend den Verhältnissen der Verkehrswerte kürzte das Finanzamt die Anschaffungskosten um einen auf den Bodenwert entfallenden Anteil und gewährte erhöhte Absetzungen nur von dem Gebäudewertanteil. Dagegen haben die Kläger beim zuständigen Finanzgericht geklagt.

Urteil des Finanzgerichts

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Aufteilung der Anschaffungskosten des Erbbaurechts in einen Boden- und Gebäudewertanteil zutreffend ist. Absetzungen sind nur auf das Gebäude, nicht auf das Erbbaurecht zulässig. Die Aufteilung ist unabhängig von den Wertvorstellungen der Vertragsparteien und gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien allein den Wert des Grundstücks oder der darauf befindlichen Baulichkeit zu Grunde legten. Das Erbbaurecht und die Baulichkeiten bilden eine einheitliche Sache, so dass der Kaufpreis Anschaffungskosten für beides darstellt. Das Gericht befand zudem, dass die vom Finanzamt vorgenommene Ermittlung der Verkehrswerte auf der Grundlage der WertR 1976 zulässig ist.

Revision und Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.05.1992 (Az.: IX R 190/87)

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass beim Erwerb bebauter Erbbauchrechte eine Aufteilung der Anschaffungskosten nicht erforderlich ist, sofern der Käufer dem bisherigen Erbbauberichtigten nur etwa für das Gebäude gezahlt hat und dies nachweisen kann. Somit ist bei bebauten Erbbaurechten nur in Ausnahmefällen eine Kaufpreisaufteilung vorzunehmen, beispielsweise dann, wenn aus dem Kaufvertrag eindeutig hervorgeht, dass eine Vereinbarung hinsichtlich eines auf die Übernahme des Erbbaurechts gerichteten gesonderten Entgelts geschlossen wurde.

Steuerberater dürfen Kaufpreisaufteilung und AfA eines Vorgängers nicht einfach übernehmen – höheres Abschreibungspotenzial ist zu prüfen

Steuerberater schulden ihren Mandanten eine umfassende Beratung. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat deshalb am 12. Januar 2020 geurteilt, dass ein Steuerberater gegen seine Pflicht aus dem mit seinem Mandanten über die Erstellung von Steuererklärungen geschlossenen Steuerberatervertrag verstößt, wenn er die Absetzung für Abnutzung (AfA) für Gebäude nicht eigenständig ermittelt, sondern den von seinen Vorgängern gewählten Ansatz ungeprüft übernimmt (Az.: 11 U 142/18).

Die Steuervorteile, die der Mandant durch einen verlängerten Abschreibungszeitraum erlangen kann, unterliegen den Regeln der Vorteilsausgleichung und sind von dem beklagten Steuerberater darzulegen und zu beweisen.

Die Anrechnung von Steuervorteilen durch eine Verlängerung des Abschreibungszeitraums führt zu einer unzumutbaren Belastung des Mandanten, wenn er bis zu einem teilweisen Ausgleich seines Schadens über 17 Jahre warten müsste – so wie im zu Grund liegenden Streitfall.

Eine Haftung des Steuerberaters entfällt nicht durch das Argument eines eingetretenen Vorteilsausgleichs. Grund: Dieser Vorteilsausgleich tritt mit Inanspruchnahme der tatsächlichen und höheren Abschreibung erst nach Jahrzehnten ein. Womöglich nicht mehr zu Lebzeiten des Mandanten.

Hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung sind Steuerberater deshalb gut beraten, den Dauersachverhalt bei der Übernahme eines Mandats zu prüfen und gegebenenfalls neu zu bewerten. Das gilt insbesondere mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (siehe oben). So können neue Gerichtsentscheidungen durchaus dazu führen, dass sich für den Mandanten mittlerweile eine höhere Bemessungsgrundlage für die Abschreibung und somit ein höherer Steuervorteil erzielen lässt.

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David Glasenapp

David ist gelernter Wirtschaftsingenieur und hat langjährige Erfahrung im Sachverständigenwesen. Er leitet u.a. auch unsere Mitgliedschaften im Immobilienverband Deutschland (IVD) sowie dem Deutschen Gutachter- und Sachverständigenverband (DGuSV)
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